«Keine SSL-Verschlüsselung ungewöhnlich»

Datenpanne des Bafa

Rund 200 Fälle von falsch verschickten Anträgen soll es gegeben haben. Dietmar Müller, Sprecher des Bundesdatenschutzbeauftragten, wundert sich in der Autogazette über eine fehlende SSL-Verschlüsselung bei der Abwicklung der Anträge auf eine Umweltprämie.

Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) will die Pannen bei der Antragstellung der Abwrackprämie in der Nacht zum Mittwoch beheben. «Noch heute Nacht soll auf eine verschlüsselte Technik umgestellt werden. Ob das gelingt, werden wir morgen sehen», sagte Dietmar Müller, Sprecher des Bundesbeauftragten für den Datenschutz, der Autogazette.

«Autohändler ja, Internetcafe eher nein»

Müller fand es «ungewöhnlich», dass eine so genannte SSL-Verschlüselung zur Sicherung der Daten nicht von Beginn an installiert worden war. So kam es nach Informationen der Autogazette zu etwa 200 Fällen, in denen Daten für andere Personen sichtbar gemacht wurden.

Sollte der Einbau der neuen Technik nicht gelingen, schlägt Müller als Zwischenlösung vor, «zum alten Verfahren zurückzukehren, bis man das Problem in den Griff bekommen hat.» Eine Überstellung der Daten aus Internetcafes - wie vom Bafa vorgeschlagen - hält Müller für nicht geeignet. «Überall wird die Nutzung von Internetcafes für die Weitergabe von persönlichen Daten nicht empfohlen und von dem Bafa wird es zur Sprache gebracht. Das ist widersprüchlich. Darum Autohändler ja, Internetcafe eher nein.»

Keine SSL-Verschlüsselung

Autogazette: Erst am 20. März hat der Bundestag mehr Datenschutzsicherheit gefordert. Zehn Tage später kann die Abwrackprämie, für deren Abwicklung eine Bundesbehörde zuständig ist, nur noch über das Internet beantragt werden. Ist das nicht ein Widerspruch an sich?

Dietmar Müller: Nein, ganz sicher nicht. Hier hat man eine neue Technik gewählt, um das Verfahren im Interesse der potenziellen Autokäufer zu beschleunigen. Der Versuch scheint aber im Moment misslungen zu sein, weil die Technik nicht mitspielt. Wir stehen aber in Kontakt mit dem Bafa und dem dortigen behördlichen Datenschutzbeauftragten, um die Probleme zu klären.

Autogazette: Nach Informationen der Autogazette kam es in 200 Fällen auch zu einer Datenpanne, in der Personen die Anträge anderer Personen erhielten und deren Daten lesen konnten. Wie werden Sie vorgehen?

Müller: Man muss herausfinden, ob die Probleme systembedingt sind und sie durch andere Sachen beeinflusst wurden. Kritisch sehen wir, dass keine SSL-Verschlüsselung stattgefunden hat. Das ist eine Sache, die man schnell nachholen kann. Warum man das im ersten Moment versäumt hat, kann ich im Moment nicht beurteilen. Das Bafa hat mittlerweile mitgeteilt, dass noch heute Nacht auf eine verschlüsselte Technik umgestellt werden sollte. Ob das gelingt, werden wir morgen sehen.

Autogazette: Dass von Anfang an keine SSL-Verschlüsselung vorhanden war, ist aber schon ein Skandal?

Müller: Es ist schon ungewöhnlich.

Internetcafe nicht empfehlenswert

Autogazette: Das Procedere ist aber auch so schon kritisch zu beäugen, da nicht jeder Autofahrer automatisch auch über einen Internetzugang verfügt.

Müller: Ein Kollege von dem Bundesamt hat auf die Hilfe der Autohändler verwiesen, die zumeist schon über die Daten der Kunden verfügen.

Autogazette: Das Ergebnis haben wir schon am Montag gesehen, als die überfüllten Autohäuser im Fernsehen gezeigt wurden ...

Müller: ...dort stand man Schlange, um den Antrag loszuwerden. Für mich war es überraschend, dass es so etwas gibt. Ich war davon ausgegangen, dass der Großteil selbst über einen Internetanschluss verfügt.

Autogazette: Experten haben sogar den Besuch im Internetcafe vorgeschlagen...

Müller: ...das würde ich persönlich nicht empfehlen. Überall wird die Nutzung von Internetcafes für die Weitergabe von persönlichen Daten nicht empfohlen und von dem Bafa wird es zur Sprache gebracht. Das ist widersprüchlich. Darum Autohändler ja, Internetcafe eher nein.

Rückkehr zur alten Arbeitsweise

Autogazette: Wie hoch schätzen Sie die Gefahr ein, dass «Schwarze Schafe» sich ins System loggen und die online gestellten Prämien auf eigene Konten umleiten?

Müller: Das ist nicht nur ein datenschutzrechtliches Problem, sondern eher ein finanzpolitisches Problem, weil der Tatbestand des Betrugs erfüllt wäre. Unter datenschutzrechtlichen Bedingungen müssen wir sehen, dass nur der Betreffende selbst die Antworten erhält - und zwar die Richtige, die ihn betrifft.

Autogazette: Wie soll die Abwrackprämie in Zukunft abgewickelt werden?

Müller: Wir sind mit dem Bafa im Gespräch. Dort ist man leider noch nicht ganz so weit. Wir wollen natürlich im Interesse der Kunden das Verfahren nicht verzögern. Sofern nicht umgehend Abhilfe geschaffen werden kann, wäre es eine Zwischenlösung, zum alten Verfahren zurückzukehren, bis man das Problem in den Griff bekommen hat.

Autogazette: Dann aber mit SSL-Verschlüsselung.

Müller: Die gehört dazu, aber dringend. Es muss die Datensicherheit gewährleistet sein und die Übertragungswege müssen sicher gestaltet sein. Das Zustellen falscher personenbezogener Anträge darf nicht passieren. Das muss sofort aufhören.

Das Interview mit Dietmar Müller führte Thomas Flehmer


















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