«Bluetec» soll Diesel sauberer machen

Nach wie vor fasziniert der Diesel-Antrieb die Entwickler. Doch der Selbstzünder hat ein Image-Problem. Unter dem Label «Bluetec» arbeiten deutsche Hersteller an umweltfreundlicheren Antrieben.

Von Thomas Geiger

Glaubt man den Entwicklern der deutschen Autohersteller, gehört dem Diesel die Zukunft. «Kein aktueller Motor arbeitet so sparsam wie der Selbstzünder», sagt Wolfgang Steiger, Leiter der Antriebsentwicklung in der Forschung des VW-Konzerns in Wolfsburg. Und auch bei Fahrleistungen und Emissionen habe er längst mit dem Benziner gleichgezogen. «Einzig der Ausstoß von Stickoxiden ist noch ein Problem.»

Stickoxide sind entscheidend

In Europa sind diese NOx-Emissionen nicht reglementiert. Doch in den USA gelten dafür strenge Grenzwerte, die einem transatlantischen Erfolg bislang im Weg standen. Langsam aber nehmen die Ölbrenner auch diese Hürde und kommen auch jenseits des Atlantiks in den Handel. Nicht jeder Hersteller allerdings, der in den USA saubere Diesel verkauft, wird diese Motoren umgehend auch in Deutschland anbieten.

Möglich wird der US-Einsatz nach Angaben Steigers erst mit einer speziellen Abgasnachbehandlung, bei der die Stickoxide gespeichert und abgebaut oder umgewandelt werden. Bei kompakten Fahrzeugen wie dem im Januar auf der Motor Show in Detroit präsentierten VW Jetta genügt dafür ein NOx-Speicherkatalysator. «Größere Fahrzeuge wie die in Amerika so beliebten Geländewagen dagegen kommen damit alleine nicht unter die in einigen US-Staaten sehr strengen Grenzwerte», sagt Audi-Sprecher Udo Rügheimer in Ingolstadt. Für sie entwickelten die Hersteller deshalb eine eigene Abgasreinigung, für die eine wässrige Harnstofflösung in den Abgasstrom eingespritzt wird.

In einem besonderen Katalysator spaltet sie die NOx-Partikel in ungefährlichen Stickstoff und Wasser auf. Die Lösung trägt den Namen «AdBlue» und muss in einem speziellen Tank mitgeführt werden. Allerdings sei der Verbrauch so gering, dass man mit einem in der Reserveradmulde verborgenen Additiv-Behälter mindestens ein Inspektionsintervall überbrücken kann, erläutert der Audi-Sprecher.

«Bluetec» als gemeinsame Marke

Diese Technologie wird zwar bei Lkw schon seit Jahren eingesetzt, doch im Pkw kommt sie nur langsam in Fahrt. Erst vor gut einem Jahr hat Mercedes in Detroit damit begonnen, der Technologie den Namen «Bluetec» gegeben und im vergangenen Herbst mit der E-Klasse den ersten «sauberen» Diesel auf den US-Markt gebracht, so Sprecher Norbert Giesen. Diesem Beispiel wollen nun neben der Konzernschwester Jeep auch die Wettbewerber Audi und Volkswagen folgen.

Kommt ebenfalls mit 'Bluetec'-Diesel: VW Tiguan Foto: dpa

Sie haben sich nach Angaben Rügheimers im vergangenen November zu einer Initiative zusammengeschlossen und wollen den Namen «Bluetec» gemeinsam nutzen, «um die Marketingmaßnahmen zu bündeln und den Wissenstand und damit das Image in der Öffentlichkeit zu verbessern.» Technisch allerdings arbeitet jeder weiter für sich. «Zwar sind die Systeme im Prinzip vergleichbar», sagt VW-Forscher Steiger, «doch über die Schulter schauen wir uns gegenseitig nicht.»

Weil dennoch alle Hersteller ungefähr auf dem gleichen Entwicklungsstand sind und mit Ausnahme von Mercedes auf eine Freigabe für alle 50 US-Staaten warten wollen, wird es bis zur nächsten Einführung von «Bluetec»-Dieseln noch dauern. Zwar werden die Schwaben nach Angaben von Entwicklungsvorstand Thomas Weber nach dem E 320 Bluetec noch in diesem Jahr auch die Modelle ML, R und GL mit dem «sauberen» Motor bestücken und in den USA verkaufen. Doch dürfen auch diese Modelle zum Beispiel nicht in Kalifornien angeboten werden. «Die Zulassung für alle US-Staaten bekommen wir erst mit der «AdBlue»-Einspritzung, die 2008 verfügbar sein wird», sagt Weber.

US-Hersteller ziehen nach

Auch Jeep hat erst eine «seriennahe Studie» eines entsprechend motorisierten Grand Cherokee enthüllt, und Audi zeigte den Q7 3.0 TDI mit einem «Bluetec»-Aggregat, der nach Angaben von Vorstandschef Rupert Stadler ebenfalls 2008 an den Start gehen soll. Allerdings bleibt der Motor nicht dem Q7 vorbehalten, sondern könnte laut Audi-Sprecher Peter Thul danach auch im A6 eingesetzt werden.

'Bluetec'-Studie vorgestellt: Audi Q7 Foto: Werk

Das gilt nach Angaben von Forscher Steiger auch für VW, wo der Motor aus dem Jetta auch im neuen Tiguan montiert werden soll. Gleichzeitig drehen die Hersteller an der Leistungsschraube und lassen es nicht bei vier oder sechs Zylindern bewenden: Mercedes hat in Detroit im GL auch einen V8-Diesel mit «AdBlue»-Einspritzung gezeigt. Und Audi-Sprecher Thul sieht sogar den V12-Motor im Q7 als Saubermann: «Wenn dieses Auto gebaut wird und wenn die Amerikaner ihn haben wollen, dann werden wie ihn dort auch als «Bluetec» anbieten.»

BMW geht eigenen Weg

BMW ist der «Bluetec»-Allianz zwar nicht beigetreten, arbeitet aber an ähnlichen Konzepten. «Für uns wird der Diesel in den USA besonders interessant, wenn er tatsächlich in allen 50 Staaten verkauft werden kann», sagt BMW-Sprecher Rudolf Probst. «2008 werden wir mit Selbstzündern auf den US-Markt kommen», kündigt Vertriebsvorstand Michael Ganal an, während Probst dem Markenbündnis vorerst eine Absage erteilt: «Erst einmal muss die Abgasreinigung stabil und zuverlässig funktionieren. Welchen Namen diese Technologie dann tragen wird, ist für uns zweitrangig.»

Zwar läuft es augenscheinlich bei allen Herstellern auf 2008 hinaus, bis der Diesel die NOx-Emissionen im Griff hat. Doch eine Vermarktung in Europa schon zu diesem Zeitpunkt ist damit noch nicht beschlossen, sagt etwa VW-Forscher Steiger. Während Mercedes-Vorstand Weber die ersten «Bluetec»-Modelle in zwei Jahren auch schon durch Deutschland fahren sieht, gibt sich Steiger zurückhaltend. «Bei uns sehe ich das frühestens in einem zweiten Schritt», sagt er mit Blick auf die Kosten und andere Schadstoffnormen in Europa. (dpa)

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