Aus Liebe zum Wankelmotor

Ein Leben für Mazda

Das bayrische Gersthofen hat nicht viele Sehenswürdigkeiten, mit denen es seine Besucher beeindrucken kann. Doch unweit von Augsburg befindet sich die wohl exklusivste Mazda-Sammlung der Welt.

Von Stefan Grundhoff

Firmengründer Walter Frey hat seine beiden Jungs Markus und Joachim seit Kindertagen auf japanische Linie gebracht. «Ich könnte mir eher zwei Frauen in meinem Leben vorstellen, als dass ich zwei Automarken verkaufen würde», gibt sich der grauhaarige Firmeninhaber Walter Frey unnachgiebig. Sein Herz gehört seit fast drei Jahrzehnten der japanischen Automarke, die sich vor Einführung des «Zoom-Zoom-Slogans» insbesondere mit innovativer Wankeltechnik einen Namen machte. So dreht sich auch im Leben von Walter, Markus und Joachim fast alles um die Themen Auto und Wankel. Das Gersthofer Mazda-Dreigestirn sucht weltweit seinesgleichen. «Von den über 160 Fahrzeugen, die wir in der Sammlung haben, werden mindestens 100 Stück mit einem Wankelmotor angetrieben», erzählt Sohn Joachim nach kurzem Überlegen, «ganz genau weiß ich das nicht. Rund 100 Fahrzeuge sind aktuell wohl fahrbereit.»

Exklusives Wankel-Dreirad

Das exklusivste Stück ist derzeit ein grauer Mazda 360, ein Wankel-Dreirad mit Pick-Up-Aufbau ähnlich dem italienischen Ape. Das jüngste Spielzeug stammt aus dem Jahre 1962 und wird derzeit Stück für Stück auf Vordermann gebracht. Geradezu lieblos steht der teilzerlegte 360er abseits in der Frey’schen Werkstatthalle - neben einem Kundenfahrzeug vom Typ 323F, das gerade seine Inspektion bekommt. Die Frontabdeckung des Wankel-Dreirads fehlt und auch sonst sieht der rare Lastenflitzer mit seinem 16-PS-Motor hinter dem Fahrerhaus noch nach jeder Menge Wochenendarbeit aus. Firmenchef Walter Frey krabbelt in die enge Kabine und jubelt: «Ein tolles Teil oder?» Der Mazda 360 Pick Up ist nicht nur in Deutschland ein Einzelstück, sondern wohl auch der einzige in Europa.

Raritäten sind im Hause Frey kein Einzelfall. Nicht, dass Walter, Joachim und Markus nur Mazdas in ihren überfüllten Werkstatthallen rund um Gersthofen untergebracht hätten. In den unscheinbaren Großgaragen hinter dem Wohnhaus stehen weitere Preziosen. Wer die großen Tore beiseite schiebt, blickt nicht nur auf unzählige Mazdas der letzten vier Jahrzehnte, sondern auch Raritäten wie einen alten Glas, einen wunderschönen Mercedes SL, den Citroen Birotor von 1973 oder einen Polizei-Lada vom Typ 2107. «Der hat aber auch einen Wankelmotor», tönt es aus dem Hintergrund. Markus Frey weist auf das seltene Stück hin, das man auf eigener Achse neu nach Bayern geholt habe. Unter der Decke der Halle hängt ein einmotoriges Flugzeug mit der Kennung D - FREY. Da fällt die Armada von RX-7-Modellen oder die Wankel-Motorräder in der Ecke ebenso wenig auf wie das seltene Schneemobil - ebenfalls mit der revolutionären Antriebstechnik von Felix Wankel. Noch cooler der 70er Jahre Kombi des RX-4 in strahlendem weiß mit grünem Vinyldach und gefülltem Dachgepäckträger.

Cosmo Sport als Prunkstücke

Der Mazda 360 Foto: press-inform

Prunkstücke sind jedoch die beiden Mazda Cosmo Sport. Die flachen Japan-Renner waren in den 60er Jahren so etwas wie der japanische Mercedes SL. In Deutschland gibt es nicht einmal eine Handvoll von ihnen. Der weiße Cosmo fährt besonders gut. Vor 20 Jahren hat Familie Frey den Renner aus einem New-York-Urlaub nach Bayern geholt. Seinetwegen ist Walter Frey mittlerweile Mitglied im elitären Cosmo-Owners-Club - als einziger Europäer.

In einer anderen Halle strahlt auf einer Hebebühne ein zerrupfter Mazda Luce aus dem Jahre 1969 mit 118 PS und Vorderradantrieb. Die hellgelbe Karosserie wurde von Bertone maßgeschneidert - sehenswert, aber auch er bedeutet noch viel Arbeit. Statt Fensterrahmen und B-Säule gibt es elektrische Fensterheber, Klimaanlage und Servolenkung. Beim zweiten Hinsehen lassen sich Ähnlichkeiten zum filigranen Evergreen Lancia Fulvia kaum übersehen. Deutlich weniger sportlich und elegant präsentiert sich der winzige Mazda Carol. Joachim Frey hat den japanischen NSU Prinz aus dem Jahre 1962 gerade aus einer kleinen Einzelgarage herausgefahren. Der Motor tuckert munter vor sich hin und Vater Walter gerät wieder ins Schwärmen.

Verleugneter Pathfinder

Putzig: Der Mazda Carol Foto: press-inform

Viel spektakulärer sei jedoch der Mazda Pathfinder, ein urwüchsiger Geländewagen in grellem Grün, den Mazda Anfang der 80er Jahre in Burma produzieren ließ. Der Wankel-lose 9-Sitzer mit Allradantrieb sieht aus wie neu. «Als wir Informationen über den Pathfinder haben wollten, hat die Mazda-Konzernzentrale dieses Modell schlicht verleugnet», lacht Markus Frey vor sich hin. «Ich war schon immer ein Technikfan», kommt sein Vater Walter dazu, «Mazda-Händler bin ich eigentlich nur wegen der Wankeltechnik geworden. Mein erstes echtes Sammlerauto war ein Cosmo Sport.»

Die Vielfalt der Modelle erschlägt einen geradezu; insbesondere weil die Autos nicht aufwendig drapiert wurden, sondern dicht an dicht in Hallen und Regalwänden stehen. Hier ein seltener Mazda 616 von einem Kindermädchen, da ein kantiges RX-4-Coupé von 1976 im typischen 70er Jahre Style. «Wir arbeiten an einem echten Mazda-Museum», berichtet Markus Frey, «Historie ist doch die beste Werbung.» Doch ganz nebenbei ist die Familie nach wie vor einer der ältesten Mazda-Händler in Deutschland. «Da gibt es nicht nur Licht», so der 63 Jahre alte Firmenchef, «da gibt es manchmal auch Ärger und man muss eine Kröte schlucken.» Trotzdem gibt es für ihn nur eines: Mazda.

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