Opel-Chef Forster: Unsere Qualität ist wieder gut

Trotz der wirtschaftliche Flaute sieht Opel-Chef Carl-Peter Forster das firmeninterne Sanierungsprogramm nicht gefährdet. Im zweiten Teil des Interviews mit der Netzeitung kündigt er die Rücknahme der Rabatte an.

Carl-Peter Forster glaubt, dass das Rabattniveau nach dem Höhepunkt im Jahr 2003 graduell zurückgehen wird. Das interne Sanierungsprogramm «Olympia» werde sich aber deshalb nicht verzögern. «Im Gegenteil, wir erhöhen die Intensität. Olympia ist ein Fünfjahresprogramm», sagte der Opel-Chef im zweiten Teil des Interviews mit der Netzeitung.

Rabatte graduell zurücknehmen

Netzeitung: Kann man heute denn nur noch Autos absetzen, wenn man sich an der deftigen Rabattschlacht beteiligt?

Forster: Sagen wir einmal so: Ein gewisses Rabattniveau ist quasi Usus, aber nicht erst seit gestern. Wir als Industrie hatten uns gerade im letzten Halbjahr auf höhere Volumina eingestellt. Die Kundennachfrage ist aber ausgeblieben, und da hat die Branche angefangen, mit Rabatten nachzuschieben. Deshalb ist das Rabattniveau im zweiten Halbjahr 2003 etwas höher geworden.

Es geht nun um graduelle Rücknahme der Rabatte. Wir haben im zweiten Halbjahr 2003 ganz eindeutig eine Verstärkung der Rabattaktion gesehen, weil der Konsument nicht einfach von selbst gekommen ist. Was dieses Jahr bringt? Als Industrie hoffen wir, dass wir von diesem Niveau des zweiten Halbjahres 2003 langsam wieder herunterkommen.

Netzeitung: Was wollen Sie in Zukunft eigentlich gegen Grauimporte tun?

Caravan-Modell des Astra


Forster: Indem wir die Preise in Europa so setzen, dass der Unterschied zwischen dem niedrigsten und höchsten Preis in Europa in einen Korridor von etwa zehn Prozent fällt. Und genau das haben wir beim Astra getan.

Netzeitung: 2001 ist Ihr Sanierungsprogramm Olympia gestartet. Wird die schwierige Situation auf dem Automarkt die Sanierung verzögern?

Forster: Im zweiten Halbjahr 2003 haben wir aus zwei Effekten einen Rückschritt von etwa 150 Millionen Euro hinnehmen müssen. Die Ursachen waren einmal Wechselkurseffekte, das andere waren Preiseffekte im zweiten Halbjahr. Doch deshalb wird das Programm nicht verzögert. Im Gegenteil, wir erhöhen die Intensität. Olympia ist ein Fünfjahresprogramm.

Netzeitung: Müssen Sie mehr Druck machen?

Forster: Nein, keinen stärkeren Druck. Wir haben soviel Druck gemacht, wie wir machen können. Aber wir suchen ständig nach Steigerungen der Effektivität.

Innovativ: Der Opel Trixx

Netzeitung: Weitere Entlassungen schließen Sie also aus?

Forster: Das hängt letztlich immer an der allgemeinen Marktentwicklung. Jede Automobilfirma muss pro Jahr um drei bis fünf Prozent ihre Produktivität steigern. Das heißt aber auch: Entweder sie verkaufen drei bis fünf Prozent mehr Autos oder sie bauen einen Beschäftigungsüberhang von drei bis fünf Prozent pro Jahr ihrer Mannschaft auf. Entweder es kommt Volumen, oder die ganze Industrie muss weitere Arbeitsplätze abbauen.

Das ist eine ganz einfache Regel. Sie gilt für uns wie für jeden anderen. Ich gehe aber davon aus, dass das Volumen kommt, und wir nicht weiter aktiv werden müssen. Außerdem, um das ganz klar zu sagen: Wir haben nie entlassen. Wir haben freiwillige Abfindungsprogramme gefahren, die von den Mitarbeitern freiwillig angenommen worden sind. Der Personalabbau erfolgte sozialverträglich in Abstimmung mit dem Betriebsrat.

Astra ein Teil des Sanierungsprogramms

Netzeitung: Steht und fällt mit dem Erfolg des Astra auch das Sanierungsprogramm Olympia?

Forster: Nein, das Programm Olympia steht und fällt mit vielen Einzelschritten, die zum Erfolg führen. Der Astra ist ein Schritt davon, sicherlich nicht der unwichtigste, aber auch nicht der einzige.

Netzeitung: Wie schaut es denn nun mit den Vorbestellungen für den Astra aus? Man hört, dass sie für Deutschland bei 10.000 liegen sollen.

Forster: Korrekt. Wir haben für Europa 30.000 Vorbestellungen mit Stichtag Ende Februar. Der Wagen ist ja, wie Sie wissen, erst Ende März im deutschen Handel und dann stufenweise im europäischen Handel vertreten. Das übertrifft bei weitem unsere Erwartungen und macht uns zuversichtlich. Wir haben ein gutes Gefühl, was die Kundenakzeptanz des neuen Astra angeht. Das haben wir aber schon, seit wir den Wagen auf der IAA vorgestellt haben.

Die Kunden haben von Anfang an positiv auf den Wagen reagiert. Internetumfragen haben uns Rückmeldung gegeben, dass der Wagen gefällt. Fachleute sagen, der Wagen fährt sich ausgesprochen gut. Alle sagen, da ist unglaublich viel Hightech drin. Und dann gibt es noch einige, die sagen, er ist richtig gut gepreist. Wir glauben, wir haben ein richtig gutes Paket. Der Kunde meldet das bis dato auch ebenso zurück, in dem er uns kräftig Aufträge ins Haus schickt.

Image aufgebessert

Preisträger Opel Tigra

Netzeitung: Glauben Sie, dass Opel den Imagewandel, den sie erreichen wollten, schon ein Stück weit vollzogen hat?

Forster: Ja, wir überprüfen das auch. Es gibt viele öffentlich verfügbare Imagestudien. Wir machen zusätzlich unsere eigenen. Wir sehen, dass wir uns in fast allen Imagekategorien beginnen zu verbessern. Wir gewinnen mittlerweile Preise: Unser Tigra ist Cabriolet of the Year geworden. Es spricht sich langsam rum, dass unsere Qualität wieder gut ist. Es dauert aber, bis das alle glauben. Die Tests sind gut, die Langzeittests sind gut, die TÜV-Reports sind gut. Die Autos sehen auch so aus. Das heißt, die sichtbare, fühlbare Qualität ist gut. Es lohnt sich wieder, Opel anzuschauen: Die Marke ist kreativ, die Werbung ist gut. Das ist wieder eine Marke, mit der sich Kunden sehen lassen können.

Netzeitung: Wie wirkt sich denn der Tarifabschluss der Metallindustrie für Opel aus. Ist es eine stärkere Belastung?

Forster: Ein Tarifabschluss ist ein Signal in eine Richtung. Die Frage, die wir uns stellen müssen - die aber noch nicht von allen anerkannt wird - ist doch die, wieso unsere Mitarbeiter 30 Prozent mehr verdienen als die Mitarbeiter in Nachbarländern wie Belgien und Frankreich.

Netzeitung: Also ist der Tarifabschluss zu hoch?

Forster: Wir werden uns fragen müssen, wieso ein polnischer Mitarbeiter in unserem modernen Werk in Gleiwitz, der die gleiche Qualität erzeugt und die gleiche Produktivität erbringt wie unsere Mitarbeiter in den Werken in Westeuropa, 80 Prozent und weniger verdient als in den anderen Ländern. Die Frage müssen wir uns stellen, an der dürfen wir nicht immer vorbeilaufen. Ich glaube, über dieses Thema wird nicht kritisch genug nachgedacht. Ich erkenne in diesem Tarifvertrag nur ansatzweise, dass diese Erkenntnis vorhanden ist.

Tarifabschluss nie flexibel genug

Produktion in Rüsselsheim.

Netzeitung: Ist Ihnen der Tarifabschluss nicht flexibel genug?

Forster: (lacht) Der ist nie flexibel genug! Wir haben bereits sehr viel Flexibilität in unserer internen Arbeitszeitregelung geschaffen. Opel ist da sehr progressiv. Ich rede jetzt einmal nicht primär für Opel. Ich rede mit Blick auf die deutsche Situation. Unsere hohen Löhne lassen sich nur rechtfertigen, wenn wir extrem flexibel im Arbeitseinsatz sind.

Eine gewisse Öffnung ist in diesem Tarifvertrag eingebaut. Doch geht das schnell genug, geht das weit genug? Ich meine, nein. Wir müssen uns als Nation fragen, ob wir wettbewerbsfähig sind. Da kommen wir nicht drum herum. Sonst stellen uns diese Frage andere und zu unserem Nachteil. Wir bewegen uns da nicht zügig genug. Was glauben Sie, was für ein Druck aus dem Osten nach der EU-Erweiterung kommen wird? Darüber müssen sich alle bewusst sein.

Netzeitung: Der Druck kann aber auch von der anderen Seite kommen. Glauben Sie nicht, dass die Löhne nicht auch anderswo angehoben werden können?

Forster: Das wird dauern. Ich glaube, Europa wird sich überhaupt fragen, wo wir wettbewerbsfähig sind. Schauen Sie: In unserer Industrie stellt man sich schon heute die Frage, ob wir unsere Komponenten in Ungarn, in Tschechien, in Polen, der Ukraine oder China produzieren lassen. Viele der Industrien sind global aufgestellt. Hier in Europa einem Blütentraum hinterher zu laufen, der sagt, wir sind zu niedrig entlohnt, heißt die Realitäten gänzlich zu verneinen.

Das Interview mit Carl-Peter Forster führten Michael Maier und Frank Mertens


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