Großserien-Hersteller als Ferrari-Konkurrenz

Mit Supersportwagen wollen immer mehr große Auto-Hersteller ihr Image aufwerten. Ob die automobilen Träume allerdings Käufer finden, ist ungewiss.

Von Heiko Haupt

«Supersportwagen» - wann und wie der Begriff entstanden ist, weiß wohl kaum jemand mehr. Klar ist dagegen, was sich hinter dem Wort verbirgt: ein Fahrzeug, das herkömmliche Maßstäbe sprengt. Motorleistung im Übermaß, dazu eine auffällige Karosserie, die auf den ersten Blick deutlich macht, dass hier etwas Besonderes unterwegs ist. Verbunden mit solchen Autos sind Namen mit besonderem Klang - Ferrari etwa, oder Lamborghini.

R8 war nur der Anfang

So war es zumindest meistens in der Vergangenheit - doch jetzt drängen immer mehr Großserienhersteller in die Nische und wollen den A3, Corollas oder Civics Familienmitglieder zur Seite stellen, die der Marke ein Glanzlicht aufsetzen. Ob solche Autos dann auch Käufer finden, ist eine völlig andere Frage.

Deutschland, Japan und auch Italien - in nahezu allen großen Auto-Nationen wird derzeit an Supersportwagen-Projekten gearbeitet. Im Rampenlicht stand jüngst vor allem das, was man sich bei Audi zu diesem Thema ausgedacht hat: Der R8 als sportliche Krönung der Marke hatte auf dem Pariser Automobilsalon im Herbst Premiere und soll 2007 zu den Händlern kommen.

Zu seinen Kennzeichen gehört eine zweisitzige Karosserie von sportlichem Zuschnitt, darunter ein bärenstarker Motor mit acht Zylindern, für den wohl auch 300 Stundenkilometer keine extreme Herausforderung darstellen werden.

Ganz so neu, wie er aussieht, ist der 104.000 Euro teure und 309 kW/420 PS starke R8 allerdings nicht. Vielmehr hat er seine Existenz der Tatsache zu verdanken, dass zum VW-Konzern die Marke Lamborghini gehört. «Der R8 ist im Grunde eine halbe Neuheit. Man konnte Teile von Lamborghini einsetzen», erklärt Ferdinand Dudenhöffer vom Prognoseinstitut B&D Forecasts in Gelsenkirchen.

Spekulationen trotz Dementis

Gerüchte um kleinen Bruder: Mercedes-McLaren SLR Foto: press-inform

Etwas schwieriger wird die Sache dagegen für zwei andere deutsche Marken, denen ebenfalls Supersportwagenkonzepte nachgesagt werden. Auf Bestehendes kann nämlich hier nur in Grenzen zurückgegriffen werden. So soll BMW in München an einem Auto mit der Bezeichnung Z9 arbeiten - ein Coupé, unter dessen Haube ein Zehnzylinder mit gut 500 PS arbeitet und der 2010 fertig sein soll.

Auch wenn BMW die Existenz eines solchen Projekts bestreitet, glaubt Dudenhöffer, dass es nicht nur um ein Gerücht handelt: «BMW hat schon immer versucht, in der Oberklasse der Sportwagen mitzuspielen, aber nie den ganz großen Wurf landen können.» Beispiele sind Modelle wie der Mittelmotor-Sportler M1 aus den späten Siebzigern, der keilförmige 850i oder der Z8-Roadster im Retro-Design.

Ebenfalls als offenes Geheimnis gilt ein Vorhaben bei Mercedes: Dort soll nach bisher unbestätigten Gerüchten von der Tuning-Tochter AMG ein Supersportwagen entwickelt werden, der seine Marktlücke irgendwo zwischen dem SL und dem SLR von McLaren finden soll. Offiziell wird aber auch dieses Projekt nicht bestätigt.

Alfas 8C ist beschlossene Sache

Offener sind die ausländischen Hersteller. So wird im Zusammenhang mit Alfa Romeo seit geraumer Zeit über einen neuen Sportwagen jenseits der 100.000-Euro-Grenze spekuliert. «Mittlerweile können wir bestätigen, dass das Auto gebaut wird», sagt dazu Thomas Casper, Sprecher der Deutschlandzentrale von Alfa Romeo in Frankfurt/Main. Einen Namen hat der Neue auch schon - die Bezeichnung 8C wirkt auf den ersten Blick recht schlicht, bekommt jedoch eine besondere Note, wenn sie italienisch «otto tschi» ausgesprochen wird.

Vorbild für die großen Hersteller: Ferrari 599 GTB Foto: Werk

Den Wagen zeichnet ein Design aus, das moderne und klassische Elemente verbindet. Für Vortrieb wird ein Achtzylinder sorgen. «Das Auto wird als Coupé in kleiner Auflage gebaut werden», sagt Casper. Von 500 Exemplaren ist die Rede. Wann der 8C anrollt, verrät Alfa Romeo noch nicht - wahrscheinlich werden erste Käufer den 331 kW/450 PS starken und etwa 150.000 Euro teuren Wagen 2008 übernehmen können.

Zu den Marken, an die im Zusammenhang mit Supersportwagen zuletzt gedacht wird, gehört sicher Toyota. Doch auch dort gibt es Pläne: Hier ist es die Luxus-Tochter Lexus, die künftig ein solches Auto im Programm haben soll. Eine erste Studie mit der Bezeichnung LF-A wurde bereits gezeigt - und sie soll kein reines Schaustück bleiben. «Die Studie ist eine erste Absichtserklärung. Derzeit läuft schon die Prototypen-Erprobung», sagt Karsten Rehmann, Sprecher von Toyota in Köln. «Es ist unser Plan, dass es so ein Auto geben wird.»

Skepsis um Marktchancen

Weil man weiß, dass der Name Lexus noch keinen sportlichen Klang hat, wird man dem LF-A vermutlich einiges mit auf den Weg geben, das ihn zu etwas Besonderem macht. So gibt es Gerüchte, dass die bei Lexus schon erprobte Hybrid-Technik auf diesem Weg Einzug in die Klasse der Supersportwagen halten soll. Wie das genau aussehen soll, ist aber noch ebenso unklar wie der Erscheinungstermin des Autos.

Honda will künftig auch wieder mitspielen, wenn es um besonders sportliche Autos geht. Und das, obwohl der nicht mehr gebaute Supersportwagen NSX vor allem in Deutschland kaum Erfolge einfahren konnte. «Während der 15-jährigen Bauzeit wurden von 1990 bis 2005 in Deutschland 271 NSX verkauft», sagt Honda-Sprecher David Plattner in Offenbach. Trotzdem soll es einen Nachfolger geben - und zwar spätestens in drei bis vier Jahren. Der soll dann mit einem Zehnzylinder-Motor und Allradantrieb an den Start gehen.

Doch so entzückt die Vorstände der Großserienhersteller von ihren Sportwagenprojekten auch sein mögen - Experten gehen kaum davon aus, dass etablierte Größen wie Ferrari oder Lamborghini nennenswerte Konkurrenz bekommen. Denn während diese Marken eingefleischte Anhänger haben, könnte es die Klientel der großen Hersteller doch eher zu anderen Autos ziehen. «Schon vom Preis her werden solche Autos eher von 80- als von 18-jährigen gekauft werden müssen», meint Ferdinand Dudenhöffer. Wer aber mehr als 100.000 Euro ausgibt, will sich natürlich auch im Auto wohlfühlen. Dudenhöffer geht daher davon aus, dass die zahlungskräftige ältere Kundschaft künftig eher starke Sporttourer als enge und harte Supersportwagen bevorzugt. (dpa)

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