Comichelden am Lac Leman

79. Genfer Autosalon

Messen sind zumeist Höhepunkte des automobilen Jahres. Doch auf dem 79. Autosalon in Genf ist so manchem Hersteller ganz anders zumute.

Von Thomas Flehmer

Das Auto feiern ist eines der geläufigsten Leitsprüche für die diversen Automessen. Doch gerade vor dem 79. Autosalon in Genf ist vielen Autoherstellern das Lachen vergangen. Saab denkt nach Anmeldung der Insolvenz eher an die unsichere Zukunft als an den 9-3 X XWD, so gut er auch sein mag. Bei vielen Mitbewerbern wie Volkswagen und Daimler laufen die Bänder gerade so lang, dass das Mittagessen wieder daheim eingenommen werden kann.

E-Klasse unter Druck, Polo zur rechten Zeit

Doch gerade die Neuen aus Wolfsburg und Stuttgart sollen für die Höhepunkte am Genfer See sorgen. Mit der neuen E-Klasse steht Daimler-Chef Dieter Zetsche dabei vor dem Spagat, das wohl wichtigste Modell in einer Zeit voll Depressionen vorzustellen. Da gerade der Absatz der gehobenen Businesslimousinen ebenso rasant abgerutscht ist wie der Deutsche Aktien Index wurde der neue E-Klasse zugleich die von der C-Klasse abgezogene Coupéversion als weiterer Anreiz zur Seite gestellt. Verbrauchsarme Motoren sollen dabei ein wenig Sparsamkeit vorgaukeln, denn bei einem Einstiegspreis von 44.685 Euro wenden sich die meisten nach dem ersten Erkundungsblick mit Grausen ab.

Etwas leichter hat es Zetsches Kollege Martin Winterkorn. Denn dass der neue Polo einschlagen wird ist so sicher wie der nächste Stau auf der Berliner Stadtautobahn - und das nicht nur wegen der für Kleinwagen günstigen Zeit. Die neue Generation sieht aus wie ein kleiner Golf und hat auch die Frontpartie mit dem niedrigen Kühlergrill vom großen Bruder übernommen. Ein neuer 1,2 Liter großer Diesel mit unter vier Litern Verbrauch auf 100 Kilometern erhöht das Sparpotenzial des rund 12 000 Euro teuren Polo, bei dem wohl auch häufiger die Abwrackprämie zum Einsatz kommt als bei der E-Klasse.

Start-Stopp immer beliebter

Das Cabrio des Fiat 500 ist mit Start-Stopp-Automatik ausgestattet Foto: dpa

Von diesem Sog wollen natürlich auch Nissan, Suzuki oder Chevrolet profitieren. Bei Pixo, Alto und Spark denkt man zwar eher an die Comic-Helden längst vergangener Jahre, doch mit Einstiegspreisen um die 9000 Euro ist das Trio ebenso attraktiv wie einst Fix und Foxi oder Tick, Trick und Track. Passend zum Dreigestirn gesellt sich der Yeti, mit dem Skoda den Gang in die Geländewagenwelt wagt.

Um Attraktivität buhlen auch die teureren Kia Cee’d, das Cabrio des Fiat 500 sowie der neue Mazda 3 und der Mitsubishi Colt. Sie alle haben ein Start-Stopp-System an Bord und wollen - wenn schon nicht der Absatzkrise - dann doch wenigstens der Klima- und Benzinpreiskrise ein wenig aus dem Weg gehen. Für Mitsubishi ist es der einzige Messeauftritt in diesem Jahr. Die Japaner haben neben der AMI Leipzig auch ihren Verzicht auf die im September stattfindende IAA abgesagt.

Bizarre Studie von Rinspeed

Opels neuer Hoffnungsträger: Der Insignia Sports Tourer Foto: Opel

Ganz so weit ist Opel noch nicht. Doch die Rüsselsheimer sind derzeit mit den Gedanken eher der Bundeskanzlerin zugewandt als dem Insignia Sports Tourer, wie die Kombi-Version des aktuellen „Auto des Jahres“ genannt wird. 23.390 Euro fließen mindestens pro Fahrzeug in die leeren Kassen und sollen die Abspaltung der noch maroderen Mutter GM fördern. Zur Gewinnmaxierung kann der Ampera dagegen noch nicht beitragen. Das europäische Derivat des Elektroautos Chevrolet Volt kommt erst 2011 heraus und wird mit rund 40.000 Euro zunächst auch kaum auf den Bestsellerlisten erscheinen.

Etwas besser dran ist Mitsubishi mit dem iMiEV. Der Kleinwagen ist mit seinem 64 PS starken Motor, der von Lithium-Ionen-Batterien gespeist wird, in Japan schon unterwegs. Für den ebenfalls stark angeschlagenen Europaableger avanciert das Elektromobil fast schon zum letzten Mohikaner. Von solchen Sorgen gänzlich befreit ist Rinspeed. Der Karosseriebauer aus der Schweiz zeigt mit dem iChange wohl das bizarrste Modell des Autosalons. Der 200 km/h schnelle Elektroflitzer stellt per Knopfdruck sein Heck auf, um zwei weiteren Personen neben dem Fahrer Platz zu bieten.

610 PS mit Ethanol

Die dritte Generation des Toyota Prius Foto: Toyota

Solche Spielereien können sich Toyota und Honda nicht erlauben. Die dritte Generation des Prius weist mit 134 PS rund 20 Pferde mehr Power auf als der Vorgänger. Doch ob der Vollhybrid damit endlich den Durchbruch außerhalb des Heimatmarktes und Nordamerika schafft, sei dahingestellt. Größere Konkurrenz erwächst im wahrsten sinne des Wortes mit dem zweiten Hybridmodell von Honda. Beim Insight zeigt eine stets wachsende oder verblühende Blume an, ob der Fahrer Kraftstoff sparend unterwegs ist oder ihm an der Tankstelle die dicke Rechnung blüht.

Ohne Blume, aber mit ökologischen Gewissen stellt Bentley sein Schmuckstück für eine reine Umwelt vor. Der Continental vertraut der Kraft von zwölf Zylindern mit bis zu 610 PS, kann aber auch mit Ethanol betankt werden. Sicher werden die Besitzer des schnellsten und stärksten jemals von Bentley gebauten Luxusschiffes stets eine Broschüre an Bord haben, um die nächste der noch spärlich gesäten Ethanol-Tankstellen anzusteuern. Mit dem Sprit, der auf dem Weg zur Zapfsäule verbraucht wird, könnten Pixo, Alto oder Spark wohl häufiger zwischen Hamburg und Berlin hin- und herpendeln.

483.140 Euro zum Feiern

Der Maybach Zeppelin Foto: Maybach

Natürlich dürfen die Luxuswagen und Sportboliden auf den Messen - egal wie schlecht die Zeiten sind - nicht verschwinden. Grenzenlosen Luxus beschert den Eidgenossen der Maybach Zeppelin, das fast sechs Meter lange Top-Modell der Daimler-Edelmarke, das an den legendären Vorgänger der 30er Jahre erinnern soll. Doch auch die jüngste Vergangenheit präsentiert der 640 PS starke mobile Palast. Wer nämlich 483.140 Euro übrig hat, der kann auch auf diesem Salon das Auto feiern.

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