Assistenzsysteme senken Unfallrisiko

Zahlreiche elektronische Helferlein im Fahrzeug sollen das Autofahren sicherer machen. Die Entwicklung in diesem Bereich steht jedoch erst am Anfang.

Das Auto schärft die Sinne für die Sicherheit. Weil die meisten Unfälle auf menschliches Versagen zurückzuführen sind, setzen die Hersteller auf neue Assistenzsysteme. «Die Hauptunfallursache menschliches Versagen ist nicht zuletzt durch die wachsende Komplexität der Verkehrssituation verursacht», sagt Prof. Manfred Broy vom Lehrstuhl für Software & Systems Engineering der TU München: «Eine gezielte Entlastung und Unterstützung des Fahrers kann hier Abhilfe schaffen.»

Bildverständnis noch mangelhaft

Schon jetzt können viele Autos mit Hilfe von Radar, Infrarot oder Videokameras «sehen». Doch noch hapert es am Bildverständnis. Deshalb arbeitet die Industrie an Software, mit der solche Informationen ausgewertet werden können. Mittelfristig werde auf diese Weise die «Wahrnehmungsfähigkeit des Fahrzeugs der des Menschen zumindest nahe kommen», glaubt Prof. Christoph Stiller vom Institut für Mess- und Regeltechnik an der Universität Karlsruhe.

Automatische Notbremsung

Bei Mercedes sollen Fahrzeuge etwa mit Hilfe einer Videokamera Verkehrsschilder erkennen, sagt Jörg Breuer, der in Stuttgart die Entwicklung aktiver Sicherheitssysteme leitet. Besser «sehen» soll auch der Tempomat. Schon heute kann er den Abstand zu bewegten Objekten halten und in der Kolonne automatisch bremsen. «Künftig könnte so ein System auch bei stehenden Hindernissen aktiv werden», sagt Matthias Strauss vom Zulieferer Continental in Frankfurt.

Selbst wenn ein Unfall nicht vermieden werden kann, werde mit einer automatischen Notbremsung der Aufprall schwächer, sagt Rainer Kallenbach, Bereichsvorstand für Automobilelektronik bei Bosch in Stuttgart. «Der Unfall ist damit weniger schwer und das Verletzungsrisiko sinkt.»

Zweite Kamera notwendig

Um die Sicht des Autos zu schärfen, reicht eine Kamera aber nicht aus, glauben die Entwickler. Mercedes forscht deshalb mit einer zweiten Kamera, die räumliches Sehen ermöglichen soll. In einem ersten Schritt wollen die Schwaben stehende Objekte erkennen, erläutert Breuer. Danach sollen auch bewegte Objekte erkannt und analysiert werden, die etwa Kreuzungen zu Unfallschwerpunkten machen.

Diese Gefahrensituation zu entschärfen, ist auch das Ziel des Kreuzungsassistenten, den VW in Wolfsburg entwickelt. In einem Versuchsträger wurden nach Angaben von VW-Sprecher Hartmuth Hoffmann bereits ein Linksabbiege-Assistent, ein Vorfahrt-Assistent und ein Ampel-Assistent dargestellt.

Datenaustausch

Mit sehen und verstehen allein ist es aber nicht getan. Um noch sicherer zu werden, müssen Autos auch sprechen und hören können. Die Hersteller erproben dazu die Car-to-Car-Kommunikation. Über Wettbewerbsgrenzen hinweg arbeiten sie an einem System, das zwischen den Autos per WLAN wichtige Informationen austauscht. Pannenfahrzeuge können so ein «elektronisches Warndreieck» aufstellen, erläutert Continental-Entwickler Adam Swoboda. «Und wer in eine Nebelbank oder auf Glatteis gerät, schickt automatisch einen Warnhinweis, der wie ein Staffelstab an alle Hintermänner weitergeleitet wird.»

Allerdings wolle man den Fahrer nicht aus der Verantwortung lassen, sagt Mercedes-Forscher Prof. Bharat Balasubramian: «In unserer Philosophie bleibt der Fahrer immer der Herr im Ring und kann alle Assistenzsysteme übersteuern.» Christoph Stiller sieht das anders: «Es wird der Zeitpunkt kommen, an dem Sensorsysteme und Rechner das Fahrzeug sicherer führen können als der Mensch.» (dpa)

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