Aprilia RS4: Aggressiv gestyltes Leichtkraftrad

Anlehnung an die RSV4R

Aprilia RS4: Aggressiv gestyltes Leichtkraftrad
Die Aprilia RS4 sieht wie ein großes Motorrad aus. © Aprilia

Die Aprilia RS4 macht was her. Wer sie nur flüchtig betrachtet, käme nicht auf die Idee, dass es sich hier nur um ein Leichtkraftrad handelt. Das Bike sorgt entsprechend auch für interessierte Blicke, wenn man mit ihm vor dem Café vorfährt.

Von Thilo Kozik

Wie sie so dasteht, die neue Aprilia RS4, werden viele Zeitgenossen sofort an ein großes Motorrad mit jeder Menge Leistung denken. Selbst versierten Zweiradkennern kommt beim flüchtigen Betrachten nicht in den Sinn, dass es sich bei dem aggressiv gestylten Zweirad "nur" um ein Leichtkraftrad handelt. Mithin hat das 4 195 Euro teure Bike die wichtigste Prüfung mit Bravour bestanden, die bei Aprilia als "Café-Test" bezeichnet wird: Rollt die RS4 vors Straßencafé, soll der Pilot bewundernde Blicke ernten und nicht das abschätzige bis mitleidige Lächeln, mit dem Fahrer kleiner Motorräder üblicherweise begrüßt werden.

Anlehnung an die Aprilia RSV4R

Dafür sorgt in erster Linie die starke optische Anlehnung an das Superbike RSV4R: Die Front mit den markanten Dreifach-Scheinwerfern ist fast eins zu eins übernommen worden, die Silhouette verströmt typische Supersport-Attitüde und die Lackierung in Racing-Black, Racing-White oder den Replika-Farben des Superbike-Teams tut ein übriges. Dem optischen Versprechen folgt die technische Seite fast nahtlos: Der polierte Leichtmetallrahmen und die Bananenschwinge, die Upside-Down-Gabel vorn mit Ehrfurcht gebietender Radial-Festsattelzange, der unter dem Motor hervorlugende Auspuff sowie filigrane Leichtmetallgussräder sind eindeutige Supersport-Insignien.

Aprilia hat noch nie Leichtkrafträder gebaut, die auf Anhieb als solche zu erkennen waren, aber die RS4 125 ist das Meisterstück. Denn im Gegensatz zu einigen Wettbewerbern schrumpft der kleine Supersportler nicht beim Aufsteigen, er bietet vielmehr ein überraschend geräumiges Platzangebot mit moderat sportlicher Vorgabe. Wer mag, kann sich wie beim Moto1 hinter die Racingscheibe ducken, doch im Normalfall sitzt man eher aufrecht mit relativ entspannten Kniewinkeln auf der Aprilia. Das erlaubt einerseits längere Etappen ohne Rücken- und Beinschmerzen und gewährt andererseits einen ordentlichen Überblick über den Verkehr, ohne die Nackenmuskulatur über Gebühr zu strapazieren.

Zweite Generation des 125er Viertaktmotors

Die Aprilia RS4 125 bietet glänzende Handlingeigenschaften Aprilia

Als Antrieb dient die zweite Generation des 125er Viertaktmotors, der bei den Leichtkrafträdern der Konzernschwester Derbi schon für Furore sorgte. Der hochmoderne flüssigkeitsgekühlte Einzylinder arbeitet mit Vierventiltechnik, zwei obenliegenden Nockenwellen und Einspritzung samt Abgasreinigung per geregeltem Katalysator. Ein neues Motormanagement und die neue Auspuffanlage kommen hinzu, die trotz des kurzen Endschalldämpfers unter dem Motor durch einen stark verschlungenen Verlauf drehmomentfördernde Krümmerlängen bereit stellt.

Der Einspritzsingle hängt gut am Gas und bewegt die rund 145 Kilogramm leichte Fuhre auch bei niedrigeren Drehzahlen schon vom Fleck. Doch richtig Spaß macht der 125er erst ab 5 000 Umdrehungen bis zum Drehzahlbegrenzer, der bei 11 500 Touren sanft einsetzt. Für das gut schaltbare Sechsganggetriebe offeriert Aprilia erstmals in der 125er Klasse einen Schaltautomaten als Zubehör, der sich beim durchaus möglichen Rennstreckeneinsatz Rundenzeiten-optimierend einsetzen lässt, denn damit kann unter Vollgas hochgeschaltet werden.

Gutes Fahrwerk

Schräglage mit der Aprilia RS4 125 ccm Aprilia

Auf dem abgesperrten Handlingkurs südlich von Mailand, wo die RS4 ihre erste Visitenkarte abgibt, zeigt der Digitaltacho als maximales Tempo 124 km/h an. Das ist natürlich total übertrieben, doch selbst mit echten 140 km/h dürfte das Aprilia-Fahrwerk zurecht kommen. Der stabile Brückenrahmen, die 17-Zoll-Bereifung (Auslieferung auf Allroundreifen der Marke Sava) und die ordentlich abgestimmten Federelemente machen die RS4 in diesem Areal sehr leichtfüßig, ohne dass sie nervös wirkt. Präzise und fast ohne Kraftaufwand biegt das Leichtkraftrad in alle Kurven und durch enge Schikanen. Auch die Bremsen zeigen sich der Dynamik gewachsen, wenngleich es leichte Unterschiede hinsichtlich des Biss? bei den verschiedenen Testbikes gab.

Kaum zu glauben, mit welch tollen Bikes heutzutage 16-Jährige durch die Gegend fahren dürfen, wird sich manch erwachsene Zweiradfan ein wenig neidisch sagen und sich an seine Jugend auf Kreidler und Herkules zurückerinnern. Da kommt fast zwangsläufig der Gedanke auf, dass selbstbestimmtes Fahren ab 16 mit einem solch erwachsenen Motorrad weitaus attraktiver ist als ein Eltern begleitetes Fahren mit 17 im Blechkäfig. (mid)

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